Ungeordnetes Etwas aus der U-Haft – von UP-09 / Merle
Achtung Gefühle!
1. Tag/ 2. Tag : An alle da draußen die interested sind: hier spricht Merle/UP-09. Seit 2 Tagen sitze bzw. liege ich jetzt in U-Haft irgendwo bei Leipzig. Vermutlich gibt es viel Menschis die meine Handlung nicht verstehen oder als strategisch ineffizient wahrnehmen. Hier im Knast versteht jedenfalls Keins was abgeht. Sie behaupten ich sei „freiwillig“ oder zum Spaß hier. Ich sehe meine Entscheidungen nicht als Spaß an, vielmehr als politisches Mittel meine Kritik an korrupten, rassistischen, sexistischen kurzgesagt scheiß Behörden wie Justiz, Polizei & Politik zu äußern. Ich möchte vermitteln, dass es um mehr als nur „Umweltprotest“ geht. Ich bin gespannt ob die Cops meine ID herausfinden werden oder nicht & wie lange das ganze hier noch dauert. Die Zeit ist sehr langweilig & heiß. 22h am Tag in einem ca. 10m² großen Raum zusein ist nicht sehr spannend, es gibt eins Fenster was jedoch mit Gittern & 1,5 cm dickem Plexiglas veriegelt ist, sodass keine Frische Luft reinkommen kann und hier 100 grad drinnen sind – that sucks the most. Die Menschis hier finden Nagellack & Veganismus garnicht gut. Naja aber bisher lebe ich noch. Veganes Essen bekomme ich hoffentlich bald, zumindest haben die Ärtztis jetzt bescheinigt, dass ich allergisch gegen Tierische Produkte bin. Bisher habe ich also gefastet und ab heute gab es etwas Brot. Alle „Beurteilungsorgane“ die bisher was zusagen hatten hier auf meiner Reise, haben sehr seltsame & fantasievolle Ansichten, hier ein paar Zitate (frei zitiert aus meiner Erinnerung):
- Richter Tiegelkamp: “ Klimawandel gibts nicht, dass sagen auch min. 30 Nobelpreisträger“
- Staatsanwalt Dr. Brückner: „dieser Klimahype ist nicht verhältnismäßig“
- Knastärtztin: „Die Kühe haben auch ein Recht auf Leben!“ (als Argument gegen Veganismus)
- Knastpsychologin: „Ihr solltet eure Strategien lieber bei der Afd abgucken, die sind ja sehr erfolgreich“
- MIBRAG: „Unser Tagebau ist komplett umfriedet, durch Zäune & Naturbarrieren“
3. Tag: Heute gab es nices food. Zu vertrauen das es 100% Vegan ist fällt mir schwer. Aber mittlerweile geben sie ihr Bestes glaube ich. Mir fällt es immer noch schwer zu entspannen. Mein Herz fühlt sich sehr abgenutzt an & meine Nebenhöhlen auch #smokingkills , especially with Plexiglas. Naja, ab morgen habe ich hoffentlich mehr Luft, dafür aber keinen Tabak mehr & auch die ersten Menschis die ich etwas „kennengelernt“ haben nichts mehr. Ich wünschte ich hätte hier ne „Chill-Pill“, die die konstante Aufregung & Angst löst. Es ist hier wie in der Schule damals. Wobei ich mittlerweile glaube das meine Angst & Schüchternheit & Angespanntheit in Kontakt mit Cis-Männlichgelesenen & Toxic verhaltenden Mackern, der eigentliche Grund ist der überhaupt für Unterschiede sorgt. In rational denkenden Momenten schätze ich die Gefahr das ich physische Gewalt hier erfahren werde eig. nicht so hoch ein & rein rational wäre es mir auch egal eigentlich. Emotional sind aber konstante Ängste da (probably durch meine Vergangenheit). Und ich glaube die Unentspanntheit und Angst spüren die andren, was die Gefahr ,dass was passieren könnte erhöht. Ansonsten treiben sich in meinem Kopf so so viel Gedanken rum & ich habe dadurch viele Flashbacks. Ich glaube das ist das gute an der Zeit hier. Ich habe eine Zwangspause und muss Anfangen mich mit meinen Gedanken außeinander zusetzten. Denn das ist das einzige was es hier gibt meine Gedanken und ich …
3.Tag Abend: Heute war der 3te Tag, um ca. 20/21 uhr kamen die Widerständigentrommlis. Zuerst hörte ich die Ankunft der polizei durch die Mithaftis, die die Plexiglasscheiben zum Beben brachten, dann hörte ich euch. Ich bedanke mich vom ganzen Herzen, ich bekam Gänsehaut & Tränen in den Augen. Auch mein Mitbewohni war begeistert eure Solidarität mit mir zu spüren. Sowas kannten die Leute hier bisher nicht. Jetzt weiß ich wieder wofür ich hier bin. Danke für diese Kraft. Ich weiß ihr macht weiter auch ohne mich. Alles passt. Der Widerstand wächst. Ich glaube an uns & die Bewegung. Danke das ihr da seit.
4. Tag: Heute ist Tag 4 vorüber. Einmälig verstehen die Leute hier warum ich hier bin. (dank eurer Trommelsession). Das Essen gestern war sehr gut , zum Mittag gab es Reiscurry und Abends Brot mit Tomaten & Veggies.
Heute war das Mittag sehr fragwürdig eine Art Brei mit Zucker. Abends gab es jetzt sogar auch noch veganen Aufstrich. Schon ziemlicher Luxus, wenn das so weitergeht. 2 Paprikas & 2 Tomaten jeden Abend, welche frischer sind als jene aussm Müll die ich sonst immer foode. Außerdem habe ich jetzt auch eine Einzelzelle was ich auch eig. gut finde, obwohl mein vorheriger Mitbewohni echt nett zu mir war & mich auch „geschützt“ hat vor den andren Mithaftis. Jedenfalls habe ich jetzt eine Zelle mit ohne Plexiglas. Es gibt wieder Luft zum Atmen für Merle !!! 🙂 Die neue Bude ist jedoch auf einem neuen Floor, was gegebenfalls bedeutet, dass ich morgen neue Menschen kennenlernen muss, was mich stresst & mir Angst macht. Ich weiß nicht wie sie auf meine Andersartigkeit reagieren werden. Die Bemalung meiner Haut fällt langsam ab & fällt immernoch allen auf, das nervt!!! Probiere jetzt mit Marmelade & Zahnpaste auszuhelfen ( die Allzwelck-Werkzeuge im Knast). Mein Tabak ist auch alle und ich weiß auch nicht wann oder wie ich an neuen komme. Alles hängt grad an der Anwälin, zu welcher ich immer noch keinen Kontakt aufnehmen konnte. Heute ist Samstag & die Demo auf dem Klimacamp. Ich hoffe ihr abt Spaß und es passiert was spannenders als bei mir hier. Ich wäre gerne dabei.
4. Tag Abend: Alles muss hier beantragt werden. Telefon, Radio, Geld … Ich habe wie auch draußen kein Plan von der ganzen Bürokratie & hoffe das alle irgendwie klappt. Ich frage mich was ihr dadraußen gerade denkt & ob ihr mehr über die Situattion wisst als ich oder ich mehr weiß als ihr. Ein Ausstausch wäre echt gut so langsam. Ich wünsche mir Meinungen & Stimmen zuhören. Macht das alles hier Sinn ? Werde ich bei Identifikation entlassen & wie schnell ? Bisher bin ich mir jedenfalls immer noch sicher, nichts zu meiner Identitat zusagen. Aber nach 3 Monaten weiß ich nicht wie das Aussieht. Ich will den Winter nicht verpassen. Ich freue mich so auf die Kälte!!!
5.Tag: Der Hofgang bleibt mit der selben Truppe. Eigentlich ist alles ganz entspannt. Ich glaube ich brauche keine Angst mehr vor physischer Gewalt zuhaben. Habe gestern 3 Zigaretten von eins Keyperson bekommen – Nachts. Das war sehr nett. Ich frage mich warum die Leute hier so nett sind zu mir. Ich glaube sie wissen nicht das ich das alles hier abschaffen will. Oder sie wollen es im Inneren auch. Zum Mittag gab es Kartoffeln mit Erbsen & Sauce & eins Gemüse-Bratling. Ich muss sagen ich esse hier echt besser als draußen teilweise. Zum Abend gab es 1 Stück Wassermelone, 1 Apfel, 1 Nektarine, 1 Paprika & 2 Tomaten, 1 Wackelpudding, 4 mal Aufstrich, 4 Scheiben Brot & Marmelade. Ich versuche immer so wenig wie möglich zu essen & alles was sich hält zu saven für schlechte Tage oder zum ggfs. tauschen. Ansonsten ist heute nicht viel passiert. Ich lese 3 Bücher gleichzeitig: Buddismus im Alltag, Soziale Ungleichheit- kein Thema für die Eliten & eine Biographie von Marie Antoinette. Die Bibliothek ist hier leider sehr klein und „unpolitisch“. Bücher kommen wohl nur durch spenden rein, & private sind nicht erlaubt außer z.B. fürs Abitur etc. vllt. sollten Menschen Anfangen Bücher über Anarchismus an Knäste zu spenden… Gerade hatte ich Nasenbluten, das war sehr spannend.
6. Tag: Ich wachte auf mit starkem Schwindel…. Mein ganzer Körper kribbelt. Nach einer kurzen Zeit der Gewöhnung fühlt es sich eigentlich ganz okay an, ein bisschen wie Weed o.ä.. Zum Mittag kam grad eine Suppe. Die war echt mega geil. Das Essen hier erinnert mich an meine Kindheit. Jeden Tag was anderes einfaches ist echt cool & jedes mal spannend. Das möchte ich aufjedenfall mit Nachhause nehmen. Wieder diverser aber zugleich einfach zu essen. Zigaretten habe ich auch wieder. Mein Exmitbewohni ist zum Hausarbeiti aufgestiegen & so bekam ich mit dem Abendbrot Tabak. Der Tag ist heute sehr langweilig und ich wünschte ich wäre Müder. Ich merke einen zunehmenden Appetit von dem Zucker & den Geschmacksverstärkern im Aufstrich. Und durchs viele allein sein & Langweile haben. Am Liebsten würde ich den ganzen Tag essen. Das Essen beruhigt & ersetzt Gefühle. Ich kenne diese exakte Lage aus vorherigen Phasen meines Lebens. In einer aß ich sogar jeden Tag die gleichen Aufstriche wie hier. Doch in der Phase konnte ich wenigstens einmalige Natur jeden Tag erleben. Hier sind es 23h am Tag in einer Zelle. Ich habe viele Gedanken im Kopf ich sehe alte Gesichter vor meinem Auge und frag mich wie es ihnen geht, was sie machen, ob sie wissen wo ich bin & ob sie mich vermissen. Emotionen: Langweilig, Trist, Trüb, Traurig, Zweifelnd, Alleine. Wie eine Ärtztin vorgestern feststellte: “ also handelt es sich um eine Art Wettstreit zwischen Ihnen & der Polizei?“ ich finde den Satz irgendwie süß, er beschreibt die Lage eig. ganz treffend. Jedoch frage ich mich: Kann ich dieses „Spiel“ überhaupt gewinnen, bzw. lohnt es sich überhaupt? Ich wünschte meine Meinung zu diesem Sachverhalt wäre konstant & beständig & nicht zwischendurch dieses ängstliche bis verzweifelte : was mache ich hier eigentlich , für wen & warum. Ist das hier ein politisches Statment oder eigentlich nur Selbstverletzung verkleidet im Mantel der Subkultur von Autonomie & Anarchie. Was verändert es das ich hier bin, wen beeinflusst es, interessiert es überhaupt wen ?
7. Tag: Nach einer schrecklichen Nacht mit wenig Schlaf & viel Panik & dem Wunsch das alles aufhört, wachte ich verblüffent fit & entspannt auf. Um 6 Uhr wie immer die Weckung. Danach zur Ärtztin , Tuberkolose & HIV Test, dann Hofgang. Danach kam zum ersten mal meine Anwältin, dass war sehr gut, künftig kommt mensch einmal pro Woche. Ich denke so werde ich es hoffentlich die 2 bis 3 Monate aushalten. Das Mittagessen war sehr gut. Reis mit CHilli sin carne. Jetzt habe ich auch meine Akte mit sehr vielen lustigen Polizeiberichten, die mich das erste mal hier zum lachen brachten. Die Frage die ich mir stelle , wie ich weiter mit meinem Fall „arbeiten“ will. Veröffentlichung von geheimen Klatsch & Tratsch von Richter & Staatsanwalt wäre sehr witzig und spannend für die Öffentlichkeit. Würden aber deren Unwohlgesinntheit nochmehr verstärken & einen weiteren Straftatvorwurf bedeuten. Das Presseteam vom Klimacamp hat zumindest Interesse daran geäußert. Ich muss mich entscheiden was ich will. Viel Kritik & politische Arbeit oder so easy wie möglich hierraus. Eine schwere Entscheidung, die mein Kopf befüllt. Eigentlich ist heute Einkauf, aber bisher noch nicht, habe ich es verpasst? Das Abendessen schlug mir wie ins Gesicht: 1L Soyamilch !!! & Krautsalat zusätzlich zu sonst. Das finde echt krass so ein Luxus an Essen habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Der Einkauf wurde verpasst.
8. Tag: Abgenervt das ich keinen Einkauf hatte & somit bald keinen Tabak mehr wachte ich auf. Beim Hofgang habe ich die erste Gewalt zwischen Haftis hier gesehen. Ich fühlte mich schlecht, weil ich nichts machen konnte. Nach diesem Ereignis war ich noch genervter als vorher und einfach fertig von allem hier. Um meiner Frustration Luft zu lassen schrieb ich munter Anträge über „Bildungsmaterial“, damit ich beserer Bücher bekomme. PLötzlich öffnete sich die Tür & es hieß ich habe einen Termin in der Kammer. Ich dachte mir dabei nichts, außer das ich endlich die erforderlichen Wäschesäcke bekomme. Mir viel auch nicht auf das Cops da waren… Plötzlich hieß es ich werde nach Leipzig gebracht & eine erneute ID-Behandlung wird durchgeführt. Ich dachte mir nur Shit meine Finger sehen viel zu gut aus. Und schon gings los. Nachdem ich mich mal wieder Nackt machen musste und abgetastet wurde, wurden mir Handschellen angelegt & dicke Handschuhe aus totem Tier. Dann wurde mir noch gedroht „wenn ich mich nicht benehme gibts nen Schlag in die Fresse & nen „Spuckhelm“ „. Warum auch immer, hatten die Cops Angst vor mir… Nach hundert Jahren Fahrt waren wir wieder auf der altbekannten Wache und einige Cops freuten sich auch schon mich unbemalt wieder zusehen. Diesmal verlief die ID natürlich viel besser für die Cops 🙁 . Ich bin gespannt wie lange es jetzt noch dauert bis ich rauss bin & sie wissen wer ich bin. Wenn sie es jetzt nicht schaffen sollten, können wir ihre Inkompetenz echt feiern.
9. Tag: Nach einer erneut schrecklichen Nacht, in der ich definitiv aufgeben wollte. Ist es am Morgen wieder halbwegs okay. Meine Anträge werden bisher alle ignoriert oder abgelehnt. Da sie richtige Unterschriften & richtige Namen fordern. Kein Besuch, kein Telefon, kein Garnichts. Ich bekomme solangsam wieder einen regelrechten Männerhass!!! den ich mir ja eigentlich mühsam abgewöhnt hatte. Und ich die Einteilung in binäre Geschlechter, ja auch strukturell ablehne, weil ich selbst weder Mann noch Frau bin. Ich bin einfach nur sehr sehr aggresiv & genervt gerade & habe Lust Dinge kaputt zu machen. Außerdem tut mein Rücken weh aber ich habe auch keineMotivation Yoga zu machen: Durch das Mittagessen hatte der Tag eine gute Wende: favourite food : Rotkohl, Kartoffeln & Sauce! Einfach geil! Danach bastellte ich den ganzen Tag aus Müll. Abends bekam ich noch 4 Kippen geschenkt von der netten Keyperson.
10.Tag: Nach sehr verwirrenden Träumen wachte ich auf. Es passierte nicht viel, dass Essen war sehr gut. Zu Abend gabs zusätzlich den besten Nudelsalat ever!!! Dann geschahen viele Krasse Sachen, meine Anträge werden Anscheinend endlich bearbeitet. Und dann kamen Briefe :). Das war sehr lustig da die dicken Umschläge vor meinen Augen durchsucht wurden & viel Glitzer rauskam. Doppel geklebte Postkarten mögen die Beamt*innen auch sehr hahahaahah. Die Briefe waren sehr wundervoll & ich hoffe so was passiert nochmals. Ich habe auch geantwortet & einen Umschlag gebastelt mit Marmelade & Papier. Das war sehr schlau von mir wie ich finde :D.
11.Tag: LANGEWEILE. Habe Post verschickt endlich, auch 1 Statement, habe etwas Angst das es too much ist. Naja lieber zu viel, als zu wenig. Ansonsten habe ich große Langeweile & frage mich immer noch warum die Cops mich noch nicht identifiziert haben. Ich will raus. Ich will Winter. Ich will kuscheln. Mit ungefähr allen… . Ich will Urlaub auf 1s Insel. Ich frage mich was alle da draußen machen. Ich hoffe ja manchmal das die Cops mich einfach identifizieren. Dann wiederum natürlich auch nicht, aber 10 Wochen sind noch so lange…
12.Tag: Die vorherige Nacht war wieder Horror. Der Tag heute ist der erste an dem ich auch Tags über akut raus will. Draußen ist mein Lieblings Wetter: Wolken & Regen. Die Kontroversen im Kopf hier sind der Wahnsinn, ich brauche Soziale Interaktion, aber alles was es hier gibt erdrückt mich. Lebensgeschichten von Drogen, Drogen, Drogen & Gewalt. Aber als voll kommenden Normalzustand. Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich will zurück in meine Welt… Ich will zu meiner Familie, zu meiner Community, in meine Wohnung in mein Haus. Ich will voran kommen. Ich will Plenum! Ich will Urlaub. Ich will Pause, Ich brauche einen Neustart.
13.Tag: Nach einer erneut schrecklichen Nacht, hat sich mein Gemüt etwas beruhigt. Jetzt bin ich wieder zwiegespalten ob ich mich morgen identifizieren soll. Don‘t know what to do. I just want some love and help.
14. Tag: Gestern Abend ging es erneut gar nicht mehr. Ich muss hier raus… Wenn meine Anwältin kommt lasse ich mich identifizieren…
15. Tag: Meine Anwältin kam heute, es gibt einen Plan, meine Erleichterung ist groß, falls es klappt hier schnell raus zukommen, aber ich fühle mich auch sehr schlecht, als ob ich Menschen da draußen enttäuschen würde. Mal sehen was passiert es gibt unterschiedliche Szenarien & es tut gut die Entscheidungskraft für ein paar Tage abgegeben zu haben. Vorhin kam eins Bürokratiemensch & hat erklärt warum die Anträge alle nicht geklappt haben, wohl weil ich am ersten Tag die ersten Unterschriften verweigert hatte. Und somit das System hier von Anfang an nicht lief-angeblich , alles Ausreden & Gelaber hier. Wenn ich daran denke was hier passiert & mir darüber bewusst werde muss ich kotzen. Die ganze Justizbehörde ist definitiv eine der perversesten Systeme überhaupt & es es erfüllt mich mit trauer & eckel das das so wenigen bewusst ist. Ich sehe mich schon in Geschrei mit meinen Eltern irgendwann in der Zukunft, wenn ich das ganze hier berichten sollte. Es kamen grad noch zwei Briefe an. Und die Zeitverzögerung tut mir im Herzen weh, da draußen sitzen Menschen die Versuchen mit mir zu kommunizieren, und alles kommt nur mit min. 1 Woche Verspätung an. Die Keypersons beschweren sich, dass ich nicht selber nach Briefen fragen komme. Aber woher soll ich die Kraft dafür nehmen,weiterhin jeden Tag diesen Leuten hinterher zu rennen. Es betrübt mich selbst zutiefst & ich bin schwer enttäuscht von mir aber ich kann einfac nicht mehr. Meine Sozialphobie hat sich hier in kürzester Zeit wieder zu voller Blüte entwickelt. Mein Essverhalten ist obwohl es hier nur begrenzte Nahrung gibt auch in abendliche Essattaken zurückverfallen, nahdem ich mich auch schon zweimal fast wieder selber übergeben habe. Ich habe große Angst wieder in alte Kreisläufe zuverfallen& nicht wieder rauszukommen. An den schlimmsten Abenden hatte ich ausgiebige Szenarien des Todes im Kopf. Und mein Unterbewusstsein malte mir meinen eigenen Tod hier in der zelle in verschiedensten Variationen vor… Mal wieder was positives: das essen kam gerade & es war endlich mal wieder genug zum satt werden. Nudeln mit brauner sace + Tofu. Ich habe echt gefalllen an den Saucen hier gefunden, sie sind sehr simpel. I guess : gewürzmische+ saucenbinder+ Wasser. Somehow everyday different. Gerade kam finally mein beantragter Tabak. 🙂 Die Küche überascht mich immer wieder positiv heute bekam ich statt Aufstrich einen Körner-Aufstrich-Frikadellen-Ball. Das war sehr cool und außergewöhnlich & lecker. Die gebensich echt Mühe manhmal.
16. Tag :etwas motivierter ging der Tag los. Ich ging auch raus zum Auslauf. Das war sehr anstrengend. 1 Stunde gelaber über Alkohol missbrauch. Es erinnerte mich so sehr an meine Vergangenheit… Ich möchte nach jeder sozialen Interaktion hier echt nur kotzen… Beim Aufschluss unötig wie immer, klopfte es 1000 mal rum. Sie wissen das ich Tabak habe. Am Ende kam wieder eins genervte Keyperson & sagte mir das der Antrag auf Bildungsmaterial abgelehnt sei, weil sie soetwas nicht haben. Ich muss mittlerweile die Biographie von Marie Antoinette zum zweiten mal lesen, weil ich keine neuen Bücher bekomme. Alle labern was andres. Ich habe keine Kraft mehr mich mit den Menschen hier zu befassen . Das Mittagsessen zauberte mir eins Lächeln ins Gesicht. Sauerkraut mit weißer Matsche, Körnerball & brauner Sauce. Das war lecker aber schon weider vorbei. Die Tage hier werden immer länger & wollen einfach nicht umgehen. Ich glaube das ganze hier wäre halb so schlimm hätte ich einfach immer genügend Bücher zum lesen.
…
Nachdem ich rumlag, versuchte zu schlafen & mich innerlich darauf vorbereitete doch noch länger zubleiben & durchzuhalten, ging die Tür plötzlich auf, es muss zwischen 12&13 uhr gewesen sein. Die nette Keyperson sprach mich plötzlich bei meinem Klarnamen an & sagte ich soll packen, in 15 min komme ich raus. Geschockt und verwirrt, da ich nichtmehr mit dem Szenario gerechnet hatte, pckte ich alles hastig zusammen. 15 min wurden zu einer Stunde. Das war definitiv eine der schlimmsten Wartezeiten in meinem Leben. Ich mutmaßte das sie sich doch umentschieden haben & das ich jetzt identifiziert für lange Zeit im Knast bleiben muss. Ich rauchte meine letzte Zigarette in dem Raum in dem ich 14 Tage eingesperrt war. Ich wusste nicht wie ich mich fühlen soll. Glücklich frei zu sein oder traurig, dass ich den „Kampf“ verloren habe, durch selbstidentifikation. Nach circa einer weiteren Stunde an Bürokratie & witzen über mich, war ich plötzlich frei. Aber immernoch alleine & ohne richtige Emotion. Alles war taub. Ich lief zum nächsten Dorf mit S-Bahn. Ich wusste nicht wohin ich soll. Nach einem hin und her gefahre , fuhr ich einfach nachhause …